Migration
Mit der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge kommt es zu einer Vorzugsbehandlung dieser Flüchtlinge gegenüber anderen (afghanischen, syrischen, ...). Ukrainische Flüchtlinge erhalten nämlich sofort den Schutzstatus S, während Flüchtlinge aus anderen Kriegsländern oft jahrelang mit einer vorläufigen Aufnahme (Schutzstatus F) hier leben. Dies ist nicht gerechtfertigt; die Unterscheidung zwischen dem Schutzstatus S und der vorläufigen Aufnahme (Schutzstatus F) muss zugunsten einer Regelung aufgehoben werden, die allen eine tragfähige Perspektive ermöglicht. Denn die vorläufige Aufnahme erschwert und behindert das Erlernen der Sprache, die Weiterbildung, die Erlangung einer menschenwürdigen Arbeit und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in besonderem Maße. Daher muss eine Lösung gefunden werden, die für alle gilt: Alle Flüchtlinge sollen spätestens nach fünf Jahren in der Schweiz automatisch eine Aufenthaltsbewilligung B erhalten.

Die Vermögenswerte (Vermögensbestandteile, Eigentum) von Flüchtlingen müssen geschützt werden, anstatt sie zu enteignen. Derzeit müssen Personen aus Afghanistan und Syrien einen Teil ihres Geldes und Wertgegenstände über 1000 Franken - bis zu einem Höchstwert von 15.000 Franken - abtreten. Bei ukrainischen Vertriebenen ist dies nicht der Fall. Die Nationalbank bemüht sich sogar, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Geld in Schweizer Franken umzutauschen.
Personen aus der Ukraine genießen auch gewisse Vorteile bei der Sozialhilfe. Sie erhalten zwar nicht mehr Geld als Personen mit Schutzstatus F, aber die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) empfiehlt, Vermögenswerte (Bargeld und Sachwerte) im Herkunftsland vorerst nicht zu berücksichtigen. Dasselbe gilt für den mitgenommenen (bisher transportierten) Schmuck oder das Auto. Dieses Recht sollte für alle Flüchtlinge gelten, unabhängig von ihrer Herkunft.
Auch die Integration ist eine Voraussetzung für die Rückkehr : Der Status der "vorläufigen Aufnahme" beruht auf der illusorischen Annahme, dass je weniger sich die Betroffenen integrieren, desto eher werden sie in ihr Land zurückkehren. Das Gegenteil ist der Fall. Integration ist immer ein Vorteil - auch im Hinblick auf eine Rückkehr: Wer die Sprache beherrscht, eine Arbeit hat und sich weiterbildet, verlässt die Schweiz aus einer Position der Stärke heraus. Zurück bleiben eher diejenigen, die schlecht integriert sind und in der Sozialhilfe verbleiben. Je schneller die Betroffenen ihr Leben neu aufbauen, desto eher sind sie bereit, ihr Glück in einem anderen Land zu versuchen!
Zudem gilt es, Eigeninitiative zu fördern statt zu behindern. Grundsätzlich müssen Asylsuchende und Vertriebene in der ersten Phase in einem Bundesasylzentrum bleiben. Erst in einem zweiten Schritt werden sie auf die Kantone verteilt. Anders verhält es sich bei den ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Diese Personen genießen volle Bewegungsfreiheit. Sie können zum Beispiel direkt in die Privatwohnung ihrer Gastfamilie gehen. Es ist ihnen sogar möglich, sich erst nach ihrer Aufnahme zu registrieren. Dies fördert die Eigeninitiative, entlastet die Behörden und erleichtert den Zugang zu einer frühen Selbstständigkeit. Je mehr Vertriebene ihren Wohnort selbst wählen können, desto größer ist die Chance, dass sie ihr neues Leben selbst organisieren.
Zudem darf jeder, der vorläufig aufgenommen wird, nicht mehr ins Ausland reisen. Diese Verschärfung wurde im letzten Winter vom Parlament beschlossen. Sie gilt grundsätzlich auch für Personen, die den Schutzstatus S haben. Da Ukrainer jedoch kein Visum benötigen, verzichtet der Bundesrat darauf, ihnen ein Reiseverbot zu erteilen. Daher haben syrische Flüchtlinge im Gegensatz zu ukrainischen Flüchtlingen nicht mehr die Möglichkeit, in Nachbarländer zu reisen, um Freunde oder Familienangehörige zu besuchen. Schließlich haben Flüchtlinge mit Schutzstatus S das Recht, ihre Familienangehörigen sofort in die Schweiz zu holen, im Gegensatz zu Flüchtlingen mit Schutzstatus F, die drei Jahre warten müssen, bevor sie ihre Verwandten im Rahmen der Familienzusammenführung nachholen können.
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats fordert, dass der Bund, die Kantone sowie die Sozialpartner und die Wirtschaft alles daran setzen, dass ukrainische Flüchtlinge bestmöglich in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt integriert werden können. Sie fordert daher die zuständigen Stellen auf, die Diplome rasch anzuerkennen und den Zugang dieser Personen zur Grundbildung und zur nachobligatorischen Ausbildung zu gewährleisten. Dieses Recht muss auch anderen Kriegsflüchtlingen gewährt werden. Es muss auch alles daran gesetzt werden, dass ihre Abschlüsse gleichwertig anerkannt werden können.
Unter den Flüchtlingen gibt es einige, die über einen Universitätsabschluss verfügen oder in ihrem Herkunftsland studiert haben. Sobald sie jedoch in der Schweiz angekommen sind, sehen sie sich mit oft unüberwindbaren administrativen und sprachlichen Hürden konfrontiert, sodass sie nur selten Zugang zu anderen Schulen in der Schweiz haben, insbesondere wenn es um den Abschluss eines Studiums geht. Sie müssen zahlreiche Anforderungen erfüllen, bevor sie eine Hochschule besuchen können, und werden so daran gehindert, eine Ausbildung zu absolvieren oder fortzusetzen, die für ihre erfolgreiche Integration notwendig ist. Nur selten verfügen sie über die für die Zulassung erforderlichen Nachweise oder ausreichende Beweise für die Gleichwertigkeit ihres Diploms oder Abiturs. Darüber hinaus haben sie auch Schwierigkeiten, das erforderliche Sprachniveau zu erreichen, und müssen die Ergänzungsprüfung der Schweizer Hochschulen (ECU) ablegen, die ihren Bedürfnissen kaum gerecht wird, da sie unter schwierigen Bedingungen eine Vielzahl von Kenntnissen beherrschen müssen, die für die Fortsetzung ihres Studiums irrelevant sind.
Bisher wurde die Unterstützung für Flüchtlinge, die an Schweizer Universitäten studieren möchten, in Form von Testsemestern umgesetzt, in denen sie vorübergehend Erfahrungen mit einem Studium in der Schweiz sammeln konnten. Vor kurzem hat die Universität Genf ihr Pilotprojekt "Horizon académique" gestartet. Neben einem Französischtest verlangt die Universität Genf, dass die Asylsuchenden oder Flüchtlinge einen Bachelor- oder Masterabschluss von einer Universität in ihrem Herkunftsland vorweisen können oder eine Aufnahmeprüfung bestehen. Es sei darauf hingewiesen, dass von den 84 Bewerbern des ersten Jahrgangs 35 zugelassen wurden. Ein ähnliches Programm, das sogenannte "Schnuppersemester", wurde an der Universität Zürich ab dem Herbstsemester 2017 eingeführt. Es richtet sich an Migranten, die in ihrem Heimatland bereits eine Universität besucht haben und deren akademischer Werdegang durch das Exil unterbrochen wurde. Die erste Voraussetzung für die Aufnahme in das Programm ist nicht der Besitz eines Hochschulabschlusses, sondern die Aufnahme eines Studiums. Aus 79 Bewerbern wurden 20 Flüchtlinge ausgewählt, die ein Semester lang als Gasthörer an diesem Programm teilnehmen. Die Hälfte von ihnen stammt aus Syrien. Die anderen aus Afghanistan, Eritrea, dem Iran, Tschetschenien oder Palästina. Die Initiative für diese Initiative ging von den Schülern aus. Sie finanzieren es auch mit 11.000 Franken über einen Solidaritätsfonds, der freiwillig von Studierenden und Lehrkräften gespeist wird. Letztendlich wird das Projekt bis zu 40 Plätze bieten. Es soll den Migranten ermöglichen, sich auf einen späteren Zeitpunkt vorzubereiten, an dem sie einen echten Antrag auf Immatrikulation stellen können. Sie werden von einem studentischen Mentor unterstützt und können ihre Sprachkenntnisse in der Sprachabteilung der Universität verbessern. Außerdem sind die Flüchtlinge nur Zuhörer und haben daher keinen Einfluss auf den Inhalt oder den Fortschritt eines Kurses. Es können also Massnahmen ergriffen werden, um den Zugang von Flüchtlingen zu den Hochschulen zu verbessern. Zu diesem Zweck sollte ein hochschulspezifisches Programm zur sprachlichen Auffrischung und Begleitung, beispielsweise in Form von Mentoring, entwickelt werden.
Wenn Migranten einen anerkannten Titel erwerben können, haben sie große Chancen, sich zu integrieren und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Gesellschaft profitiert also von Maßnahmen in dieser Richtung. So werden mehr Flüchtlinge beschäftigungsfähig, was auch die finanzielle Belastung des Bundes, der Kantone und der Gemeinden verringern wird!
Die Arbeitslosigkeit nimmt in der Schweiz wieder zu. Keine Gruppe in der Schweiz ist davon so stark betroffen wie Migrantinnen und Migranten ohne Schweizer Pass. Ein Zehntel von ihnen (9.9%) ist derzeit nicht erwerbstätig. Zudem steigt die Arbeitslosigkeit weder bei Jugendlichen, noch bei Älteren oder Frauen so schnell an wie in dieser sozialen Gruppe: Allein im ersten Quartal 2016 stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1.5%. Es ist leider eine Tatsache: Wenn es der Wirtschaft weniger gut geht, verlieren Migrantinnen und Migranten ohne Schweizer Pass als erste ihren Job und sie werden als erste bei der Einstellung diskriminiert. Dadurch sind sie auch in der Sozialhilfe überrepräsentiert (rund 27% der Hilfeempfänger sind erwerbstätig). Das Risiko, von der Sozialhilfe abhängig zu werden, ist bei Kindern, Personen ohne Schweizer Pass, geschiedenen und/oder alleinerziehenden Personen am grössten. Bei Personen ohne Schweizer Pass liegt die Sozialhilfequote bei 6 bis 6,9 Prozent, bei Personen mit Schweizer Pass bei rund 2 Prozent. Wer arbeitet, hat soziale Kontakte, erfährt Wertschätzung und kann sich beruflich und persönlich entfalten. Wer nicht arbeiten kann, hat nicht nur finanzielle Sorgen. Er oder sie lebt am Rande der Gesellschaft. Fehlende Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit führen zu Krankheiten. Je länger jemand nicht arbeiten kann, desto schlechter werden seine Aussichten, im Arbeitsleben wieder Fuß zu fassen. Diese Diskriminierung muss ein Ende haben und die gezielte Förderung der sozialen Vielfalt im Betrieb durch Praktikums- und Ausbildungsplätze sowie Stellen, die allen Qualifikationsstufen entsprechen.
Saisonale Branchen wie der Tourismus, die Landwirtschaft und die Bauindustrie haben hier eine besondere Verantwortung. Sie stellen eine besonders hohe Anzahl von Personen im Ausland ein. Sind diese erst einmal hier und arbeitslos, bieten die betreffenden Unternehmen ihnen oft keine Chance auf einen neuen Job. Sie kümmern sich auch kaum um die Einstellung von Personen, die vorläufig oder als Flüchtling aufgenommen wurden.
Arbeitgeber müssen Stellen gezielt so formatieren, dass sie der Vielfalt unserer Gesellschaft entsprechen und allen Menschen die Chance geben, sich weiterzubilden, sich zu entwickeln und zu entfalten.
In der Schweiz ist die Prävention von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt völlig unzureichend. Laut Informationen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus finden die meisten Diskriminierungsfälle in der Arbeitswelt statt. Beschimpfungen, Ungleichbehandlungen und erniedrigenden Behandlungen, die auf Fremdenfeindlichkeit und Rassismus beruhen, muss endlich ein unmissverständliches Ende bereitet werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund beim Zugang zu Lehrstellen benachteiligt werden. Jeder sollte die gleichen Chancen haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Es muss möglich sein, anonyme Bewerbungsschreiben zu verfassen und die Entwicklung der Diskriminierungsprävention, damit die Diskriminierung von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt aufhört. Der Zugang zur Justiz muss vereinfacht, die Beweislast erleichtert (und vereinfacht) und die mit den Verfahren verbundenen Risiken verringert werden. Das bisherige totale Arbeitsverbot für Asylsuchende verstösst gegen die Prinzipien der Menschenwürde und vernichtet ihre Aussichten auf ein menschenwürdiges Leben. Das Angebot muss weiter ausgebaut und noch stärker auf die spezifischen Bedürfnisse unserer vielfältigen Gesellschaft ausgerichtet werden. Diese Arbeitnehmer müssen ohne Probleme eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis sowie einen sicheren und vereinfachten Zugang zu den Sozialversicherungen und den Arbeitsgerichten erhalten können, ohne das Risiko einer Ausweisung eingehen zu müssen.
Konkrete Ideen
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Stellen Sie alle Flüchtlinge auf die gleiche Stufe.
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Den Schutzstatus S gegenüber F für Kriegsflüchtlinge bevorzugen.
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Die sehr unterschiedlichen Qualifikationen und Erfahrungen, die Migranten mitbringen, anerkennen und ihnen eine einfache Gleichwertigkeitsprüfung ermöglichen.
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Ein Begleitprogramm einrichten, das es Flüchtlingen ermöglicht, eine akademische Ausbildung abzuschliessen oder zu beginnen.
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Den Zugang zu Stipendien und anderen Ausbildungsbeihilfen auch für Migranten ermöglichen.
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Ermöglichen Sie Migranten, unter menschenwürdigen Bedingungen zu arbeiten.
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Asylsuchenden so früh wie möglich eine sinnvolle Beschäftigung im Dienste der Gemeinschaft anbieten.
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Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt verhindern.
