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Behinderung

Heutzutage besteht die Belastung der Familie nicht mehr nur aus den Kindern. Man darf nicht vergessen, dass Kinder sich auch um ihre alten und kranken Eltern kümmern. In Zukunft wird es immer mehr pflegende Angehörige geben. Sie müssen den Mangel an öffentlichen Ressourcen ausgleichen, da sich die Bevölkerungsgruppe der 80-Jährigen und Älteren gemäss den demografischen Prognosen in den nächsten 20 Jahren verdoppeln wird. In der Schweiz gibt es etwa 10'000 Gehörlose und 900'000 Hörgeschädigte. Die letztgenannte Kategorie nimmt aufgrund der Alterung der Bevölkerung zu. Ihre Lese- und Schreibfähigkeiten sind geringer, wodurch sie in der Kommunikation benachteiligt sind. In der Schweiz bleiben viele schriftliche Informationen für 10% der Bevölkerung unzugänglich. Die Gründe dafür sind vielfältig: chaotischer Bildungsweg, begrenzte intellektuelle Fähigkeiten, unzureichende Sprachbeherrschung, altersbedingte Leseprobleme oder ein zu komplexer Text. Eine Antwort auf dieses Problem ist die vereinfachte Sprache, die der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entspricht, die die Schweiz 2014 ratifiziert hat. Diese Konvention fordert Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen, unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Arbeit, praktisches Leben oder Kultur. Natürlich ist die Liste der oben genannten Problematiken nicht erschöpfend.

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Neue Familienformen und die bessere berufliche Eingliederung von Frauen haben die pflegenden Angehörigen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In der Schweiz gibt es über 330'000 Personen, die einen Verwandten, Freund oder Nachbarn betreuen. Die Rolle der pflegenden Angehörigen muss angesichts der Alterung der Bevölkerung in unserem Land nachhaltig unterstützt werden. Es wird nicht nur mehr ältere Menschen geben, sondern auch die nachfolgende Generation ist dünner besiedelt. Das Verhältnis der Jüngeren zu den Älteren sinkt. Es ist daher dringend notwendig, die Unterstützung für pflegende Angehörige zu verstärken, da sonst die finanzielle Belastung für die Allgemeinheit weiter steigen wird. Dies gilt umso mehr, als die Bevölkerung zunehmend mit chronischen Krankheiten zu kämpfen hat, die Folgen in Form von Behinderungen und Verlust der Selbstständigkeit mit sich bringen.

Es gibt jedoch einen bezahlten Urlaub für die Betreuung kranker Kinder. Es gibt jedoch keinen solchen Urlaub für Arbeitnehmer, die sich um andere Angehörige kümmern müssen, deren Gesundheit beeinträchtigt ist. Die Gewährung von bezahltem Urlaub bei Krankheit anderer Angehöriger liegt im Ermessen des Arbeitgebers. Es muss eine Gleichbehandlung zwischen jungen Menschen, die Kinder betreuen, und weniger jungen Menschen, die Erwachsene betreuen, sichergestellt werden. Solche Situationen führen daher zu negativen Konsequenzen, da Arbeitnehmer für die Betreuung kranker Angehöriger Urlaub oder unbezahlten Urlaub nehmen müssen, mit den damit verbundenen finanziellen Folgen. Nun ist es aber das Ziel des Urlaubs, Erholung zu ermöglichen. Daher ist es schwierig, diese Situation mit dem Berufsleben zu vereinbaren, zumal die Erwerbsquote für einen Teil der pflegenden Angehörigen gesenkt werden muss. Noch schlimmer ist, dass andere aufgrund ihrer wiederholten Abwesenheiten entlassen werden und möglicherweise in prekäre Verhältnisse abrutschen.

In Frankreich gibt es seit über fünf Jahren einen bezahlten Urlaub von bis zu vierzehn Monaten, verteilt auf drei Jahre, mit einer Vergütung von bis zu 900 Euro pro Monat. Wenn pflegende Angehörige befragt werden, geben sie unter anderem an, dass sie finanzielle Schwierigkeiten haben. Diese entstehen, wenn der Angehörige kostenpflichtige Leistungen in Anspruch nehmen muss. Kein Kanton entschädigt jedoch die Einkommensverluste der pflegenden Angehörigen. Es wird auch nichts unternommen, um Steuerabzüge einzuführen. Einige Kantone und Gemeinden zahlen ihnen jedoch einen kleinen symbolischen Betrag. Der Kanton Freiburg ist mit 25 Franken pro Tag am großzügigsten. Es ist daher unerlässlich, die Verarmung der pflegenden Angehörigen zu verhindern. Zudem ist es notwendig, dass spezifische Gesetze den Status der pflegenden Angehörigen anerkennen. Sie leisten eine Arbeit im öffentlichen Interesse. Die Betreuung einer Person zu Hause, insbesondere wenn sich die Situation als schwer erweist, kann erhebliche Kosten verursachen, umso mehr, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt. Würden die Pflegeleistungen von pflegenden Angehörigen von professionellen Pflegekräften erbracht, hätte die öffentliche Hand Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Franken zu tragen. Der Gesamtwert der unentgeltlich erbrachten Pflegeleistungen innerhalb und außerhalb des Haushalts übersteigt jedoch bei weitem die Kosten für häusliche Pflegedienste. Laut BFS leisteten pflegende Angehörige im Jahr 2016 80 Millionen unbezahlte Arbeitsstunden.

Darüber hinaus muss der Diskurs über die Förderung des Engagements von Frauen auf dem Arbeitsmarkt kohärent gestaltet werden. Sie stellen nämlich die Mehrheit der Personen, die sich als pflegende Angehörige engagieren. Darüber hinaus hat das Amt für Sozialversicherungen und Unterbringung nachgewiesen, dass pflegende Angehörige einem Erschöpfungsrisiko ausgesetzt sind. Diese Ergebnisse decken sich mit anderen Studien, die zu diesem Thema auf kantonaler, nationaler und sogar internationaler Ebene durchgeführt wurden. Jeder zweite pflegende Angehörige erschöpft sich im Laufe seiner Tätigkeit und jeder dritte ist bereits gesundheitlich beeinträchtigt, bevor er weitere Hilfe von außen in Anspruch nimmt. Es ist daher von öffentlichem Interesse, dass pflegende Angehörige unterstützt werden, damit sie ihre Angehörigen so lange wie möglich pflegen können, ohne selbst krank zu werden.

Der Kanton Waadt bietet verschiedene Unterstützungsleistungen an, z. B. Pflege zu Hause, Entlastung zu Hause, vorübergehende Aufnahme, Treffen zur Schulung oder zum Erfahrungsaustausch sowie psychologische Beratung. Ziel ist es, zu verhindern, dass die pflegenden Angehörigen ausbrennen oder sozial isoliert werden. Daher sollte eine Strategie entwickelt werden, die es pflegenden Angehörigen ermöglicht, an einem Wochenende oder für ein paar Tage durchatmen zu können. Die Arbeit pflegender Angehöriger ist bemerkenswert, zumal sie ihre finanzielle Situation oftmals prekär gestalten und viele andere Opfer bringen.

Die Gebärdensprache ist die Muttersprache der meisten Gehörlosen. Daher fordert der Schweizerische Gehörlosenbund, dass die drei Gebärdensprachen des Landes offiziell anerkannt werden. Es ist in der Tat bemerkenswert, dass die meisten Menschen nicht einmal von der Existenz dieser drei verschiedenen Sprachen wissen. Es geht um die Autonomie und die bürgerliche Freiheit von gehörlosen Menschen. Sie leiden unter einer Form von Diskriminierung und haben Schwierigkeiten beim Zugang zu bestimmten Dienstleistungen. 

Das Ziel dieser Anerkennung besteht auch darin, die Bevölkerung für die Diskriminierungen zu sensibilisieren, denen gehörlose Menschen ausgesetzt sind. Denn die Schwierigkeiten im Alltag sind zahlreich: Die 10'000 Gehörlosen in der Schweiz sind beispielsweise dreimal so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen, weil sie nicht richtig kommunizieren können. Für gehörlose oder schwerhörige Menschen, denen der Gebrauch der Sprache verwehrt ist, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie mit den Behörden und staatlichen Stellen kommunizieren können. Wir können sie nicht dazu zwingen, eine zweite Sprache zu verwenden, die für diese Personen schwer zu erlernen ist. Im Übrigen können die Folgen bei einem Notfall, insbesondere bei einem medizinischen Notfall, dramatisch sein. Die Ärzte sind nämlich nicht dafür ausgebildet, unter solchen Umständen zu reagieren.

Der Bundesrat ist jedoch bereit, eine rechtliche Anerkennung der drei Schweizer Gebärdensprachen zu prüfen.  Er unterstützt drei Postulate in diesem Sinne (Mathias Reynard (SP/VS), Regula Rytz (Grüne/BE) und Christian Lohr (CVP/TG)). Diese drei Parlamentarier fordern 2019 eine Analyse, ob eine rechtliche Anerkennung als halboffizielle Sprache oder als Sprache einer kulturellen Minderheit möglich ist. Sie möchten, dass konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um die Förderung der Gebärdensprache und der Kultur der Gehörlosen zu ermöglichen, damit diese vollständig in die Gesellschaft integriert werden können.

In den Kantonen Genf und Zürich, den beiden einzigen Kantonen, die bisher die Gebärdensprache anerkennen, haben gehörlose Menschen das Recht, mit dem öffentlichen Dienst in ihrer Muttersprache zu interagieren. Andere Kantone sind derzeit dabei, diese Frage zu prüfen. In Genf ist die Anerkennung der Gebärdensprache in der Verfassung verankert. Es sei darauf hingewiesen, dass die Debatten des Grossen Rates, die auf der Website des Parlaments übertragen werden, seit Ende 2019 auch für gehörlose und hörgeschädigte Personen zugänglich sind. Im Kanton Waadt wurde ein Vorstoss von Léonore Porchet von 85 Abgeordneten unterstützt, bei nur einer Gegenstimme und 44 Enthaltungen. Diese Initiative zielt auf eine Änderung der Waadtländer Verfassung ab, insbesondere mit dem Ziel, gehörlosen Menschen den Alltag bei der Interaktion mit der Verwaltung zu erleichtern. Im Kanton Wallis möchte der Walliser Gehörlosenverein die Anerkennung der Gebärdensprache in der neuen Verfassung, die derzeit ausgearbeitet wird, verankern. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sie an alle Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung einen Änderungsvorschlag verteilt, der die Aufnahme des folgenden Artikels fordert: "Die französische Gebärdensprache und die Deutschschweizer Gebärdensprache werden anerkannt".

Vereinfachte Sprache ist ein inklusives Instrument, das eine erweiterte soziale Teilhabe fördert, indem es dem Publikum ermöglicht, den schriftlichen Alltag problemlos zu bewältigen. Das bedeutet, dass die Texte nach den Europäischen Regeln für leicht lesbare und verständliche Texte angepasst werden, u. a. mit kurzen Sätzen, einfachen oder einfach erklärten Wörtern und einem luftigen Layout. Die Texte werden von Fachübersetzern verfasst und von den betroffenen Personen gegengelesen.

 

Daher wäre es besonders nützlich, Texte in vereinfachter Sprache für bestimmte offizielle Dokumente anzubieten, z. B. für Abstimmungsmaterial, Dokumente des RAV, der Polizei oder im Gesundheitsbereich. Da diese Texte von großer Bedeutung sein können, ist es wichtig, dass sie von der gesamten Bevölkerung verstanden werden. Darüber hinaus interessieren sich viele Menschen mit geistiger Behinderung für Politik und würden sich gerne stärker an Wahlen und Abstimmungen beteiligen. Es ist für sie jedoch sehr schwierig, die offiziellen Informationen zu verstehen, die mit dem verschickten Wahlmaterial mitgeliefert werden. Dies ist besonders bei eidgenössischen oder kantonalen Wahlen der Fall.  Zu verstehen, was eine Parteiliste ist, wie sie geändert werden kann und was Kumulieren oder Panaschieren bedeutet, ist für viele Menschen eine echte Herausforderung.

An anderer Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Staat Freiburg über seine Fachstelle für die Integration von Migrantinnen und Migranten und die Rassismusprävention seine Broschüre "Willkommen im Kanton Freiburg" in vereinfachter Sprache präsentiert hat. Nachbarländer wie Frankreich, Deutschland und Österreich verwenden die vereinfachte Sprache, um grundlegende und wichtige Informationen zu vermitteln.

Konkrete Ideen

  1. Die Vereinbarkeit von Berufsleben und dem Status als pflegender Angehöriger erleichtern.

  2. Pflegenden Angehörigen ermöglichen, ihren Arbeitsplatz zu behalten, indem sie ihrem kranken Elternteil mit flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit oder Freistellungsmöglichkeiten zur Seite stehen können.

  3. Eine EO für den Angehörigen einführen, der gezwungen ist, seine Erwerbstätigkeit zu reduzieren.

  4. Den pflegenden Angehörigen einen pauschalen Steuerabzug gewähren.

  5. Einen Urlaub für die Betreuung eines kranken Kindes für eine Dauer von bis zu 48 Wochen einführen.

  6. Die französische, deutsche und italienische Gebärdensprache als vollwertige Sprachen anerkennen.

  7. Den Gebrauch von vereinfachter Sprache ausweiten

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